Martin Veigl: Das sinnliche Spiel mit Farbe und Form

Eine Malerei in der alles möglich ist. Martin Veigl setzt sich in seinen Werken mit gestischen Abstraktionen, monochromen Farbgeschichten sowie erzählerischer Figuartion mit gesellschaftskritischem Anspruch auseinander.

Text: Günther Oberhollenzer

Abstrakte Kunst trifft auf figurative Bildsprache

Martin Veigl feiert die Malerei, ihre illusionistische Kraft ebenso wie die abstrakte Geste. Er liebt eine figurative Bildsprache ebenso wie das sinnliche Spiel mit Farbe und Form. Dabei ist es eine Kunst, die unsere Gegenwart und digitale Bildwelt bzw. -sprache mitdenkt und immer wieder durchklingen lässt.

Viele von Veigls Bilder zeigen Alltagsszenen, meist im städtischen Umfeld und ganz nah an uns herangezoomt: Passanten im urbanen Raum, junge Menschen in sommerlichen Kleidern, beratschlagend, den Blick auf das Handy gerichtet, die Straße entlang gehend und oder auf etwas wartend.

Dicht zusammengedrängt betrachtet sie der Künstler ausschnitthaft und schräg von oben, oder er befindet sich mitten im Gedränge. Die Protagonisten sind so nah am Bildrand gruppiert, dass man bisweilen glaubt, sie treten jeden Moment aus der Leinwand heraus. Uns nehmen sie dabei nicht wahr, scheinen sie doch ganz in ihrer eigenen Welt zu leben.

Veigl ist ein präziser Beobachter, er hat ein feines Gespür für die Posen und Gesten des Alltäglichen, die oft durchaus etwas Theatralisches haben. Die Menschen erscheinen wie auf einer Bühne, sind in ihrer außergewöhnlichen Farbigkeit wie mit Scheinwerfern beleuchtet – ein warmes, sommerliches Licht mit seinen typischen harten Schlagschatten.

Das Kolorit besteht aus vielen Gelb– und Ockertönen, Fleischfarben von Beige bis Rosa, daneben Smaragd, ein helles Blau oder auch verschiedene Grauschattierungen.

Veigls Handschrift

Seine Farben und Formen sind unverkennbar, der Wiedererkennungswert der Arbeiten ist hoch. Der Pinselstrich ist bisweilen gestisch, aber gleichzeitig – wie die dargestellten Figuren – auch ruhig und konzentriert, harmonisch und ausgewogen. Dem Künstler gelingt es, sich rasch von seinen fotografischen Vorlagen zu lösen und zu eigenständigen Bildideen zu finden, er lässt sich malerisch treiben, die Farben und Formen ihr eigenes Spiel treiben.

Die künstlerische Sicherheit hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, der Mut zur Abstraktion ist größer geworden, wobei das kein stringenter, linearer Prozess ist, auf ein klar benennbares Ziel ausgerichtet. Immer wieder verselbstständigt sich die Malerei, emanzipiert sich von der gegenständlichen Form, sucht nach rein malerischen Lösungen. Es ist ein Malen zwischen aktiv sein und nur mehr reagieren, was die Malerei verlangt, sobald sie sich verselbstständigt und das Bild für sich beansprucht. So legen sich geschwungene Farbflächen mit lockerer Geste über manche Figuren und reklamieren ihren gleichberechtigten Status gegenüber der Figuration.

Die Spuren des Malvorgangs, wie erkennbare Pinselstriche und Übermalungen, lassen den figurativen Bildgegenstand bisweilen auch hinter den Malakt zurücktreten. Dann, in anderen Bildern, ist die Gegenständlichkeit wieder selbstbewusster und stärker ausformuliert und nur Details beginnen sich fleckenartig aufzulösen. Die gegenständliche Welt ist als Ausgangspunkt der Malerei von Bedeutung, doch wichtiger als die Frage, was dargestellt wird, scheint wie etwas gemalt ist.

Es kann alles gemalt werden, wenn man es nur gut malen kann,

zeigt Veigl eindrücklich in seinen Werken.

Inspiriert von seiner Wahrnehmung der Welt

Körper und Gegenstand dienen ihm als Versuchsfeld für eine Malerei, die mit Farbe und Form, Fläche und Raum poetisch wie sinnlich eine neue Wirklichkeit erschaffen kann.

Veigl versucht in seinem künstlerischen Ansatz weniger, den Gegenstand auf das zentrale Wesensmerkmal zu reduzieren, sondern ihn zu verzerren und fragmentieren, ihn aufzulösen und neu zusammenzusetzen. Inspiriert von vielfältigen Glas- und Wasserspiegelungen entstehen überraschende Farbflecken und –wolken in einem für den Maler typischen Kolorit oder auch zarte, sich überlagernde und überlappende zeichnerische Strukturen und Muster.

Veigl schöpft auch hier Inspiration aus seinem Umfeld, seinen Interessen, seiner Wahrnehmung der Welt – einer Welt, die sich im Umbruch befindet, in der vieles nicht mehr greifbar und sich aufzulösen scheint. Er erschafft eine offene Malerei, atmosphärisch dicht, in der die Figuren kaum oder nicht mehr erkenn- und fassbar sind, die gegenständlichen Reminiszenzen aber sehr wohl spürbar bleiben. Dabei erfährt der gesehene oder imaginierte Augenblick durch das Einfangen und Einfrieren auf der Leinwand einen über den Moment hinausgehenden ästhetischen Wert.
Veigl’s Malerei entschleunigt.

Über Martin Veigl

Martin Veigl (*1988, Steyr, Österreich) lebt und arbeitet in Stadt Haag. Er studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien, der Kunstuniversität Linz und der Willem de Kooning Academy Rotterdam. Im Jahr 2016 schloss er das Studium der Malerei in der Klasse von Johanna Kandl und Henning Bohl ab.

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Kommende Ausstellungen:
30.10.2020-10.04.2021 Galerie Schnitzler Lindsberger, Graz
21.05.2021-02.07.2021 Galerie in der Schmiede, Pasching bei Linz
03.09.2021-03.10.2021 NÖ Dokumentationszentrum St. Pölten
16.09.2021-02.10.2021 Galerie Schnitzler Lindsberger, Wien
17.09.2021-19.11.2021 Galerie Krems
09.10.2021-20.11.2021 Galerie 422, Gmunden
20.11.2021-15.01.2022 Galerie Weihergut, Salzburg