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Dave Choe: Dirty Style, zarte Wucht

Ein Künstler zwischen Koreatown, Comic-Panels und Monumentalwänden – und warum seine Intensität bis heute spaltet

Dave Choe ist kein Künstler, der „gefällt“. Er ist einer, der aufschlägt: mit Farbe, Körper, Geschwindigkeit – und mit einer radikalen Aufrichtigkeit, die sich nicht immer fein anfühlt. Geboren in Los Angeles als Sohn koreanischer Einwander:innen und aufgewachsen in Koreatown, findet er früh seine Sprache im Zeichnen, im Drang nach Bildern – und auf der Straße.

Seine Bildwelt wirkt, als würde sie aus mehreren Schichten zugleich bestehen: Graffiti-Energie, Comic-Erzählung, figurative Malerei, oft roh und doch präzise. Choe selbst nannte seine Methode „dirty style“ – eine Ästhetik, die das Unreine nicht versteckt, sondern als Wahrheit trägt.


Was seine Kunst prägt: Nähe, Risiko, Körper

Choes Arbeiten kreisen um Gegensätze: Zärtlichkeit und Aggression, Lust und Scham, Humor und Abgrund. Figuren scheinen zu taumeln – nicht aus Unfähigkeit, sondern aus Überfülle. Genau darin liegt sein Sog: Er malt nicht nur „über“ Emotionen, er malt aus ihnen heraus.

Dass er aus der Street-Art kommt, ist dabei keine Fußnote, sondern Grundton. In einem frühen Porträt über ihn beschreibt KQED, wie er nach einer turbulenten Phase und Inhaftierung nach neuer Richtung sucht – Kunst als Möglichkeit, sich selbst wieder zu verorten.


Vielseitigkeit: Vom Zine bis zur Weltmarke

Choe ist ein Grenzgänger zwischen Szenen und Systemen:

  • Comics / Graphic Novel: Sein Kult-Comic Slow Jams wurde u. a. über den Xeric Grant gefördert – ein frühes Signal, dass er Storytelling genauso ernst nimmt wie Malerei.
  • Galerie- und Ausstellungskontext: Mit Gardeners of Eden zeigte er 2007 bei Jonathan LeVine eine Bandbreite aus Malerei und Mixed Media – bereits damals als Künstler, der „Skala“ denkt.
  • Popkultur & Bewegtbild: In den letzten Jahren tritt er auch als Erzähler im Format auf – etwa über sein eigenes Projekt The Choe Show.

Und ja: Seine Erfolgsgeschichte ist längst Teil der Gegenwartskultur – besonders die oft zitierte Episode, dass er statt Honorar Anteile für seine frühen Facebook-Murals wählte (und damit später sehr vermögend wurde), ist zu einem modernen Künstler-Mythos geworden.


Warum er polarisiert: Die Person als Verstärker

Choe ist nicht nur Werk, sondern Energiefigur. Er erzählt viel – manchmal zu viel. Genau hier entsteht die Reibung, die ihn bis heute begleitet.

Ein Beispiel: 2023 wurde im Kontext der Netflix-Serie Beef erneut Kritik an Aussagen laut, die Choe 2014 in einem Podcast gemacht hatte. Mehrere Medien berichten, dass er später erklärte, die Geschichte sei erfunden gewesen, und sich entschuldigte; gleichzeitig wurde betont, dass der Inhalt „zutiefst verstörend“ gewesen sei.

Diese Dynamik – Provokation als Ausdruck, Grenzüberschreitung als Persona – ist Teil seines öffentlichen Bildes. Und sie macht sichtbar, wie eng bei ihm Kunst und Selbstinszenierung verschränkt sind.


Eine mögliche Lesart: Identität, Druck, Widerspruch

Ohne Psychologisieren lässt sich dennoch sagen: Choes Biografie – Kindheit in Koreatown, das Aufwachsen zwischen kulturellen Codes, Zugehörigkeit und Außenseitergefühl – passt zu einer Kunst, die Identität nicht „darstellt“, sondern durchlebt.


Seine Bilder sind oft wie ein übersteuertes Tagebuch: zu laut, zu ehrlich, zu nah. Genau das macht sie für manche unwiderstehlich – und für andere unzumutbar.

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