Juvet Landscape Hotel, Norwegen: Science-Fiction in der Wildnis

Juvet Landscape Hotel Juvet Landscape Hotel, Norway / Foto: Juvet Landscape Hotel

Minimalisten, die ohne Hüttenfolklore in der Natur urlauben wollen, checken im Juvet Landscape Hotel in Norwegen ein. Die preisgekrönte Architektur kennen manche als Kulisse eines Science-Fiction-Thrillers, doch fürchten muss man sich hier nicht.

Juvet Landscape Hotel

Beim Betreten des holzverschalten Kubus empfängt einen Dunkelheit. Dunkler Boden, dunkle Wände und nichts, das sich davon abheben würde. Keine Bilder, keine Magazine, kein Fernseher. Es rückt das satte Grün in den Mittelpunkt, das sich vor der Glasfront in all seinen Schattierungen präsentiert. Mitten durch das Grün reißt der Fluss Valldøla eine türkisblaue Schneise. Spätestens jetzt setzt man sich in einen der Sessel vor dem Fenster, das die wilde Landschaft des norwegischen Valldal im rahmenlosen Breitbild freigibt. Im Juvet Landscape Hotel ist schnell klar, dass die Natur hier den Ton angibt.

Der gefühlte Raum in den Zimmern ist so groß wie die Landschaft selbst. Kein Zimmer ist wie das andere, doch alle haben ein dunkles Interieur, damit nichts von der Landschaft ablenkt.

So werden die Landscape Rooms, wie die sieben Würfel auf Stelzen genannt werden, vom Hotelbetreiber beschrieben.

Durch sorgfältige Ausrichtung der einzelnen Baukörper haben Gäste in jedem Zimmer die ungestörte Sicht auf ihr eigenes Stück Landschaft.

Die Zimmer genießen ausreichend Privatsphäre, und das auch ohne Vorhänge,

heißt es von Hotelseite.

Experimentelle Architektur im Naturschutzgebiet

Das Hotel steht mitten in einem Naturschutzgebiet. Wie das geht? Hotelgründer Kurt Slinning bekam nach langen Verhandlungen die Baugenehmigung für ein Maximum von 28 Zimmern erteilt. Voraussetzung war, dass zur Errichtung der Anlage weder Sprengungen noch landschaftliche Veränderungen durchgeführt werden. Für den ehemaligen Lehrer und Immobilienhändler stand von Anfang an fest, dass ein konventioneller Hotelbau mit einem zentralen Gebäude für die Gästezimmer nicht in Frage kam. Stattdessen wurden einzelne Würfel aus Holz und Glas auf Stahlstreben in das felsige Gelände am Fluss gesetzt. 

Bird Houses

In höherer Lage, ganz nah an den Felsen gebaut, stehen die beiden Bird Houses. Sie sind den traditionellen norwegischen Blockhütten nachempfunden, die ursprünglich der Lagerung von Lebensmitteln dienten. Auf den acht Quadratmetern wohnen Gäste sehr reduziert und haben trotzdem alles, was sie brauchen: ein komfortables Bett, eine Sofabank und eine Toilette. 

Die wichtigste Einrichtung befindet sich auch hier wieder vor den Panoramafenstern: „Hier oben ist man so nah an der Natur, dass man möglicherweise sogar das Moos wachsen sieht.“ Die einzelnen Zimmer sind durch Trampelpfade miteinander verbunden und ergeben gemeinsam mit dem Scheunen-Lokal The Barn, „The Conference Room“ und „The Bath House“ die Hotelanlage.

„The Barn“

Das 100 Jahre alte Bauernhaus in „Burtigarden“ wurde restauriert und umgebaut, wobei die alten Räume neue Funktionen erhielten. Der Kuhstall ist ein Esszimmer und ein Wohnzimmer mit offenem Kamin, der Schweinestall ist die Küche und der alte Heuladen wurde in einen Loungebereich im Freien verwandelt.

„The Conference Room“

The Coference Room hat eine Grundfläche von 60 Quadratmetern und eine markante Dachkonstruktion. Die Decke ist fast vier Meter hoch und besteht aus drei Tonnen Glas, das den gesamten Himmel durch ein faszinierendes Netzwerk von 40 Kubikmetern Brettschichtholzbalken sichtbar macht.

The Bath House

The Bath House ist ein ruhiges und erfrischendes Spa, das vom Hof ​​aus unsichtbar, aber nur wenige Schritte entfernt, in das Land am Fluss gebaut wurde. Es ist ein Gefühl der Glückseligkeit, hier nach einem Skiausflug oder einem Spaziergang – oder vielleicht nach einer langen Reise – zu entspannen. Der Wellnessbereich selbst ist aus dunklem Beton. Die kleinen Räume sind in schönen Farben gestrichen, um den Eindruck zu erwecken, in einer Höhle zu sein. Die Fassade ist eine 15 Meter lange Glasscheibe mit Blick auf den fließenden Fluss, der sich unter dem Juvet empor schlängelt.

Architektur

Die verantwortlichen Architekten Jensen & Skodvin sind bekannt für ihren experimentellen Minimalismus. Die Boxen sind in massiver Holzbauweise ohne separate Außenisolierung gebaut. Jeder Baukörper ruht auf massiven Stahlstreben, die direkt in den Felsen verankert sind.

Die bestehende Topographie und Vegetation blieb dadurch beinahe unberührt,

erklären die Architekten.

Eine neue Hotelkategorie entstand

Das Juvet Landscape Hotel war der Vorreiter einer neuen Kategorie von Hotels. Seit seiner Eröffnung im Jahr 2010 wurde die Idee an mehreren Orten weltweit umgesetzt. Das Vivood Landscape Hotel in der spanischen Provinz Alicante liefert spekatakuläre Ausblicke auf die umliegenden Berge, die Panorama-Zimmer des Sacromonte Landscape Hotels liegen versteckt zwischen Weinbergen im Süden von Uruguay. 2020 eröffnet mit Ambiente das erste Landscape Hotel in Nordamerika, die Gäste blicken hier auf die Red Rocks von Sedona.

Allen Landschaftshotels gemeinsam ist, dass sie sich behutsam in die Umgebung einfügen und mit großem Respekt vor der Natur geplant und errichtet wurden. Die bestimmenden Parameter in Sachen Technologie, Bauweise und Materialauswahl sind Nachhaltigkeit und Innovation. 

Mysteriöse Androide

Die einzigartige Architektur des Hotels wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Mit dem Mies van der Rohe-Award für die beste Hotelarchitektur und mit dem Wallpaper-Design-Award für das beste Filmset. Die entrückte Atmosphäre zwischen moderner Architektur und unberührter Natur lieferte die perfekte Kulisse für den 2014 gedrehten Science-Fiction-Thriller „Ex Machina“. Der Film von Regisseur Alex Garland um das abgelegene Androiden-Labor eines Suchmaschinen-Moguls brachte dem Hotel regen Zulauf von Drehort-Touristen. Geheimnisvoll ist die Umgebung allemal. Nur Künstliche Intelligenz sucht man hier vergeblich.



Text: Gertraud Gerst
Photos: Juvet Landscape Hotel