Im Glashaus der Superlative

Als erstes Objekt des neuen Stadtviertels The 78 in Chicago hat das Architekturbüro OMA ein kuppelförmiges Innovationszentrum aus Glas geplant. Ein Bau, der Forschung vorantreiben und Integration fördern soll.

Klar, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Doch wenn in spätestens fünf Jahren das neue Innovationszentrum des Discovery Partners Institute (DPI) in Chicagos geplantem neuen Stadtviertel The 78 eröffnet wird, dürfte die Sache anders aussehen.

Große Würfe sind gesucht

Das Institut ist schließlich auf angewandte Forschung und Entwicklung technischer Errungenschaften spezialisiert. Sprich: In den neuen und unter einer gigantischen Glaskuppel untergebrachten Laboren und Forschungsräumen wird wohl nicht nur mit Steinen geworfen werden.

Der Staat Illinois baut ein Innovationszentrum von Weltrang im Herzen Chicagos auf dem Gelände eines alten Eisenbahnhofs. Dieser futuristische Entwurf passt zu unseren Ambitionen.

J. B. Pritzker, Gouverneur von Illinois

Aber bevor es soweit ist, wird noch recht viel Wasser den Chicago River hinabfließen, an dessen Ufern The 78 entwickelt wird. Gerade erst haben die Architekten von OMA ihre Pläne für dieses erste Gebäude des neuen Stadtviertels vorgestellt.

Kuppel aus Glas und Metall

Die sind aber jedenfalls spektakulär: Das DPI-Innovationszentrum wird mit einer Fläche von 18.580 Quadratmetern als gewölbte Glaskuppel entwickelt. Unterbrochen soll die acht Stockwerke hohe Kuppel bloß durch horizontale Metallpaneele werden.

Diese seien statisch zwar nicht notwendig, betonen die niederländischen Architekten, allerdings würden sie für den notwendigen Sonnenschutz sorgen. Ohne diesen würde sich die Glaskuppel allein durch die Sonneneinstrahlung zu sehr aufheizen.

The 78
The 78

Spannend aber ist, dass sich die halbrunde Konstruktion im Inneren des Gebäudes nicht fortsetzen soll. Vielmehr sind die darunter angesiedelten Büroflächen, Lehrzimmer und Labore gänzlich umgekehrt als senkrechte Objekte im Objekt konzipiert.

Türme unter einer Kuppel

„Die wichtigsten Programme des Gebäudes – Klassenzimmer, Büros, Versuchs- und Computerlabore – sind für größtmögliche Effizienz und Nutzbarkeit übereinander angeordnet und in Türmen organisiert“, präzisieren OMA in ihrer Projektbeschreibung. „Die Türme definieren zudem horizontale Grundrisse mit gemischten Programmkonfigurationen, um die Interaktion zwischen den verschiedenen und multidisziplinären Nutzern des Gebäudes zu fördern“, so das Büro weiter.

Kollisionszonen im positiven Sinne

Das heißt im Klartext: Die einzelnen Bereiche sind so organisiert, dass sie einerseits für sich selbst funktionieren, aber gleichzeitig auch ausreichend Schnittflächen haben, um Austausch zu forcieren. Shohei Shigematsu, Partner von OMA New York beschreibt dies in Architekten-Deutsch so: „Die Programme sind so organisiert, dass sie die Effizienz und das Konvergenzpotenzial maximieren, und sich die verschiedenen Grundrisse um eine zentrale Kollisionszone herum anordnen.“

The 78

Um allerdings nicht als abgehobenes Forschungszentrum wahrgenommen zu werden, legen die Planer besonderen Wert auf das Erdgeschoß. Ein großes Atrium mit Treppenaufgängen wird das Zentrum des Gebäudes bilden. Während sich die hier Forschenden über die Aufgänge zur Arbeit begeben werden, soll auf der Grundebene öffentliches Treiben Einzug halten.

Öffentlichkeit ist willkommen

So sollen im Sockel des Gebäudes Cafés, ein Auditorium und Mehrzweckausstellungsräume die Öffentlichkeit anlocken. Als leicht wiedererkennbare Orientierungshilfe wird eine Richard-Hunt-Skulptur den Eingangsbereich des innovativen Forschungszentrums markieren.

Innovationen von Weltrang

Dementsprechend stolz gibt sich der Gouverneur von Illinois, J. B. Pritzker. Er sagt: „Der Staat Illinois baut ein Innovationszentrum von Weltrang im Herzen Chicagos auf dem Gelände eines alten Eisenbahnhofs, der seit Jahrzehnten leer steht. Dieser futuristische Entwurf passt zu unseren Ambitionen.“

The 78
The 78

Und diese sind für das gesamte Areal, das unter dem Namen The 78 entwickelt wird, durchaus visionär. The 78 ist ein Megaprojekt, das ein 62 Hektar großes Gelände entlang des Chicago River in ein neues Innovationsviertel verwandeln soll.

The 78 als verbindender neuer Bezirk

Der neue Hauptsitz des Discovery Partners Institute (DPI), das zum University of Illinois System gehört, wird auf einem ein Hektar großen Grundstück innerhalb von The 78 liegen und das Zentrum des Viertels bilden. Es ist das erste Projekt, für das der Grundstein in The 78 gelegt wird, und wird den Beginn „eines Wandels“, wie betont wird einläuten, „der den South Loop und Chinatown miteinander verbindet und die 62 Hektar große Lücke schließt, die sie lange Zeit trennte.“

The 78

Aus diesen Überlegungen ergibt sich auch die Form des 500-Millionen-Dollar-Glasbaus. Die Architekten erklären das so: „Mit seiner multidirektionalen Form wird das Gebäude nicht in eine bestimmte Richtung ausgerichtet sein. So wird es die Gemeinden von allen Seiten einbeziehen – in Richtung des nahegelegenen Flussufers und in Richtung der zukünftigen Phasen des größeren Innovationsbezirks The 78. Sprich: Es soll von allen Seiten her einladend und weich wirken. Umgekehrt ermöglicht die 360-Grad-Transparenz jedem der sich im Gebäude befindet, die Aussicht auf die umliegenden Stadtteile, den Chicago River und die Skyline. Man kann fast sagen: Der erste Bau von The 78 wird wie ein Leuchtturm aufragen. Allerdings nicht, um Schiffe vor Klippen zu warnen, sondern als Wegweiser für möglichst viele innovative Unternehmen, die sich hoffentlich bald nur einen Steinwurf entfernt ansiedeln mögen.

Text: Johannes Stühlinger
Bilder: OMA and Lucian R