von Friedrich Liechtenstein
Es gäbe viel über Grenzen zu sagen. Baumgrenzen, grenzenlose Liebe und solche Sachen.
Zwei Phänomene an den Grenzen meiner alten Heimat kommen mir aber gerade heftigst in den Sinn. Und dem Drang davon zu erzählen, möchte ich nachgeben.
1. S C H A U P L A T Z
Der Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau auf der europäischen Grenze zwischen Polen und Deutschland
Fürst Pückler war ein Hallodri. Seine Geschichten, seine Parks und sein konzeptionelles Leben sind unterhaltsam. Keine Ahnung, wie viel Schaden er angerichtet hat, aber sein Gestaltungswille war enorm. Seine Frau war wohl auch daran beteiligt. Wir wissen, Geschichte wird von den Siegern geschrieben. Wie es wirklich war, können nicht einmal Personen sagen, die tief verstrickt waren. Der Park ist da. Den Park kann man nun betreten, es gibt keine Grenze, die ihn teilt. Es ist sehr schön dort, die Wege sind erheiternd, fast albern, der Klang des Wassers, die Bilder aus Bäumen, alles sehr schön. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich prüfte, wo das Gras grüner ist – in Polen oder in Deutschland.
Als es die DDR noch gab, war das Gras in der BRD grüner. Es gab aber auch Mauerstreifen ohne Gras.
2. S C H A U P L A T Z
Die Eremitage am Potsdamer Jungfernsee auf dem ehemaligen Mauerstreifen der innerdeutschen Grenze.
Die Eremitage von Potsdam stand beim Mauerbau im Weg. Die Bäume wurden gefällt, das Haus abgetragen und der Abschnitt mit Herbiziden von Wildwuchs freigehalten. Nach dem Mauerfall wurde die Eremitage wiedererrichtet. Ich kenne sie nur von Bord eines Bootes aus und aus den Erzählungen einer Wissenschaftlerin, die neben mir saß. Eremiten sind Eskapisten. Das macht einen Mittagsschlaf in der Eremitage zu einer schönen Weltflucht. Vielleicht klappt das ja mal. Die Mauer ist weg und die Eremitage wieder da. Es gibt Grenzen und es gibt Grenzen, die verschwinden. Manche Grenzen sind unsichtbar. Meere haben Grenzen. Der Atlantik ist zum Beispiel nicht das Mittelmeer.
Es ist eine schöne Beschäftigung, durch den grenzenlosen Park von Fürst Pückler zu wandeln, sich in eine prunkvoll ausgestattete, fensterlose Eremitage zu träumen. Ich finde ein grenzenloses Europa und das wiedervereinte Deutschland schön. Ich Glückspilz darf das erleben.
Friedrich Liechtenstein ist Schauspieler, Musiker und Unterhaltungskünstler. Aufgewachsen ist er in der ehemaligen DDR in Eisenhüttenstadt, vormals Stalinstadt. Heute lebt Friedrich Liechtenstein in Berlin. Mit Arnold Kasar und Sebastian Borkowski bildet er das Friedrich Liechtenstein Trio, er gibt Konzerte zwischen Jazz, Easy Listening und Elektronik und „hinterlässt verzauberte Menschen“. Auf Tele 5 kann man ihn regelmäßig in humorvollen, gleichzeitig künstlerischen Kurzfilmen sehen, zum Beispiel im „Festival der Liebe“ oder in „Friedrichs Knicks für Knigge“.
Foto: Wilfried Mörtl
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