ARAKIALBERTINA MODERN: bis 29. August 2021

Nobuyoshi Araki, Sentimental Journey, 1971, Silbergelatineabzug, ALBERTINA, Wien - The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Nobuyoshi Araki (* 25. Mai 1940, Tokio) ist einer der bedeutendsten und produktivsten japanischen Fotografen der Gegenwart. In sechs Jahrzehnten schuf er eine Vielzahl von Fotografien, Büchern und Filmen. Ist Araki der breiteren Öffentlichkeit vorwiegend durch seine provokanten Akt- und Fesselungsaufnahmen bekannt geworden, fokussiert diese Ausstellung die Entwicklung seiner einflussreichen Ich-Fotografie, die in Arakis eigenem Leben und direktem Lebensumfeld in Tokio ihren Ausgang nimmt.

Nach seinem Studium der Fotografie an der Universität Chiba in Tokio (1959‒1963) arbeitete Araki zunächst als kommerzieller Fotograf für eine Werbeagentur. Daneben begann er eigene Ideen zu verfolgen. Geprägt von den massive gesellschaftspolitischen Umbrüchen und bahnbrechenden Experimenten der Avantgardefotografie jener Zeit, revolutionierte Araki ab den 1970er-Jahren die klassische Reportage- und Dokumentarfotografie durch einen autobiografischen Zugang. Er gibt in intuitiven Aufnahmen einem dezidiert subjektiven Blick Ausdruck, der die eigene Erfahrung des Erlebten und Gesehenen wiedergibt, aber auch fiktive Elemente enthalten kann. Mit dieser als Ich-Fotografie bezeichneten Praxis geht Araki oftmals den Themen Sexualität und Tod vor dem Hintergrund Tokios nach. Als Höhepunkt dieser Arbeitsweise gilt die umfangreiche Serie Sentimental Journey, die Araki 1971 begann und bis heute in Form von Fotos und Büchern erweitert und neu kontextualisiert.

Nobuyoshi Araki
Sentimental Journey : Winter Journey, 30.10.198
Gelatin silver print
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Sentimental Journey : Winter Journey, 30.10.198
Gelatin silver print
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki


Die Ausstellung speist sich aus den umfassenden Beständen des Sammlers und ehemaligen Galeristen Rafael Jablonka, die 2019 an die Albertina übergegangen sind. Als langjähriger Begleiter Arakis konnte Rafael Jablonka eine der profiliertesten Sammlungen von Araki-Fotografien aufbauen, die Werke aus unterschiedlichen Schaffensphasen vereint und hier unter einem thematischen Schwerpunkt erstmals auszugsweise zu sehen ist.

Satchin und sein Bruder Mabo

Araki fotografierte 1962/63 den Jungen Sachio, genannt Satchin, und seinen Bruder Mabo im Tokioer Mikawashima-Viertel. Vom italienischen neorealistischen Film beeindruckt und noch mit der klassischen japanischen Dokumentarfotografie im Einklang bediente sich Araki eines reportagehaften Stils. Auch wenn die schwierigen Lebensumstände der Kinder klar ersichtlich sind, geht es Araki nicht um bloße Sozialkritik. Vielmehr hielt er mit einem Blick für humoristische Details dynamische Momente fest und zeigt die Kinder als Darsteller und alltägliche Szenen als theatrales Schauspiel. Die Fotoserie ist parallel zu einem 16-mm-Film entstanden, den Araki als Abschlussarbeit seines Fotografiestudiums einreichte. Mit diesem ersten eigenständigen Werkkomplex gewann er 1964 einen Fotowettbewerb. In der Folge konnte er die Serie in einer Ausstellung zeigen.

Nobuyoshi Araki
Private Photography, 1993
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Private Photography, 1993
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki


Die Vergangenheit

In Auseinandersetzung mit der japanischen Fotoavantgarde wie etwa der Gruppe Provoke (1968‒1970) forderte auch Araki ab den frühen 1970er-Jahren die klassische Dokumentarfotografie und ihren Anspruch auf die „objektive Wiedergabe von Fakten“ heraus. Durch das manuelle Weiterdrehen des Negativfilms in der Kamera kombinierte er auf einem Bild zwei fragmentarische Ansichten, die Alltagsszenen von Tokio wie eine filmartige Sequenz wiedergeben. Diese Praxis ist bezeichnend für die Konzeptfotografie der Zeit, in der dem Zufall und den mechanischen Prozessen der Kamera eine zentrale Funktion eingeräumt wurde, um die Rolle des Künstlers bei der Bildgestaltung neu zu bestimmen. Die Vergangenheit bricht mit offiziellen Darstellungen Tokios in politischen und touristischen Kontexten. Fotos von trivialen Zeichen der Konsumkultur, beiläufige Reproduktionen von Massenmedien, dystopische Ansichten des wuchernden Stadtraums und entlarvende Porträts von Passanten zeugen von Arakis persönlicher Aneignung der zeitgenössischen Metropole am Höhepunkt des Wirtschaftsbooms.

Tokio

Das Medium Buch nimmt in Arakis Œuvre einen hohen Stellenwert ein. Es ist den Abzügen gleichwertig und zeigt in seiner Kombination von Fotografie, Text und Grafikdesign eigenständige Bildlösungen. Tokio (1973), eines der ersten und wichtigsten Fotobücher Arakis, beginnt mit einem Text des Kritikers und Stadttheoretikers Kōji Taki zur urbanen Entwicklung Tokios. Das Hochformat vereint zwei konträre Serien: Die Fotos oben zeigen an einer Kreuzung wartende Passanten, die Araki aus großer Entfernung mit einem Teleobjektiv aus der anonymen Menge isolierte. Darunter publizierte er intime Nahansichten einer zumeist nackten Frau bei sexuellen Handlungen in einem Innenraum. Sie sind seine Antwort auf die vom massiven Konsumkapitalismus durchdrungene Stadtstruktur Tokios, die neben dem öffentlichen auch das private Leben zunehmend regulierte und einschränkte. Zentrale Themen Arakis, wie das Nebeneinander von Innen- und Außenraum, von Akt und Stadt sowie von Subjekt und Lebensumfeld sind hier bereits angelegt.

Nobuyoshi Araki
The Past, 1972-1973

The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
The Past, 1972-1973

The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Pseudo-Tagebuch

Nobuyoshi Arakis Untersuchung dokumentarischer Strategien ging ab den 1970er-Jahren mit einer humorvollen Hinterfragung der vermeintlichen Wahrhaftigkeit der Fotografie einher. Sein Pseudo-Tagebuch (1980) fasst autobiografische Momentaufnahmen in Form eines Fototagebuches zusammen. Darunter finden sich Porträts seiner Frau Yōko, Stadtansichten, Aktdarstellungen und Aufnahmen von Araki beim Fotografieren. Entgegen der dokumentarischen Aufmachung hat Araki die eingeblendeten Datumsangaben manipuliert und hebt so die Grenze zwischen Fakt und Fiktion auf. Die Daten verweisen in die Zukunft oder auf Ereignisse des Zweiten Weltkrieges. Der 1. April als Tag scherzhaften Schwindels thematisiert die verzerrte
Wahrheit in den Fotos.

Im selben Jahr publizierte Araki auch das Buch Pseudo-Reportage. Es enthält Fotos, die er unter anderem speziellen Nationalfeiertagen, etwa dem Geburtstag des Kaisers, zuordnet. Die Aufnahmen kombinierte er mit erläuternden Bildtexten, die zwar im sachlichen Stil einer Reportage verfasst, jedoch zumeist frei erfunden sind.

Nobuyoshi Araki
Private Photography, 1993
Silbergelatineabzug
The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Private Photography, 1993
Silbergelatineabzug
The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Private Fotografie

Der Werkzyklus Private Fotografie oder Ich-Fotografie veranschaulicht Arakis titelgebende Praxis auf beispielhafte Weise. Seine früh entwickelte fotografische Gattung der autobiografischen Erzählung basiert auf einer Beobachtung des Selbst und des eigenen Umfelds. Leben und Fotografieren sind, so Araki, gleichbedeutend. Selbst vermeintlich banale Motive sind bildwürdig, wichtig sind die persönliche Beziehung und die intuitive Haltung des Fotografen dem Sujet gegenüber. Alle Themen des Künstlers kommen darin notizbuchartig zur Sprache. Er verknüpft Fotos familiärer Ereignisse sowie unspektakulärer Stadt- und Alltagsszenen mit artifiziellen Akt- und Studioaufnahmen. Die Bilder entstammen unterschiedlichen Dekaden und Kontexten. Sie werden je nach Gefühlslage und unabhängig von jedweder Chronologie oder Hierarchie in immer neuen Bedeutungszusammenhängen in einer offenen Struktur arrangiert. Dokumentation und Fiktion lassen sich nicht immer klar trennen: Nicht nur die Bedeutung der Fotos ändert sich durch die Kombinationen, auch die Bezüge zu Arakis Leben bleiben oftmals rätselhaft. Darüber hinaus dienen die Motive als Projektionsflächen für Arakis eigene Vorstellungen.

Nobuyoshi Araki
The Past, 1972-1973
Silbergelatineabzug
The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
The Past, 1972-1973
Silbergelatineabzug
The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Kinbaku

Aktfotos stellen von Anbeginn einen integralen Teil von Arakis Werk dar. Keine Aufnahmen machen die enge Verbindung von Sexualität, Begehren, Dominanz, Unterwerfung und Voyeurismus so unmittelbar sichtbar wie Kinbaku – eine japanische Form des Bondage, die das Fesseln und Hängen von vorwiegend Frauen bezeichnet und in historischen Bestrafungsmethoden ihren Ursprung hat. Hochgradig inszeniert, unterscheiden sich diese zwischen Performance und Skulptur angesiedelten Fotos deutlich von Arakis schnappschussartigen Aufnahmen.

Arakis Fotos von Fesselungen zählen zu seinen berühmtesten und umstrittensten Arbeiten, die entsprechend unterschiedliche Lesearten nach sich gezogen haben: Die Aufnahmen wurden als provokante Rebellion gegen gesellschaftliche Prüderie und die staatliche Zensur aufgefasst, die auf Präsentationen der Bilder mit saftigen Geldstrafen
reagierte. Durch das Herausstreichen von Eigenheiten der japanischen Kultur etablierten westliche Kritiker auch eine „exotische“ Interpretation: Sie fasst die Fesselungen als eine Kunstform mit ästhetischem Anspruch auf, die tief in der japanischen Kultur verwurzelt ist. So gesehen sind die Fotos nicht bloße Pornografie, sondern eine Neuinterpretation traditioneller erotischer Darstellungen in Gemälden und seit dem 17. Jahrhundert populären Druckgrafiken (Ukiyo-e). Umgekehrt betonen feministische Ansätze und rezente Diskussionen im Kontext der Me-Too-Bewegung die misogynen Aspekte der Fotos, die Frauen auf voyeuristische Weise nur für das Begehren männlicher Betrachter darbieten würden.

Tokio

Arakis Lebensmittelpunkt ist die Metropole Tokio, in der er geboren wurde und aufwuchs. Auf seinen permanenten Streifzügen durch die Stadt hält der Fotograf seit seinen fotografischen Anfängen Architekturen, Straßen und Passanten in geradezu obsessiver Manier fest. Kaleidoskopartig zeigt seine gleichwertige Behandlung unterschiedlicher Facetten den tiefgreifenden Wandel Tokios von einer traditionell geprägten Struktur zu einer Megacity.

In für seine Arbeit typischen Kombinationen setzt Araki die öffentlichen Orte in Kontrast zu privaten Bezugspunkten wie der Terrasse seiner Wohnung, seiner Katze Chiro oder intimen Momenten. Metaphorische Motive vergegenwärtigen seine Lebenswelt. So stehen kleine Plastikdinosaurier als selbstironische Stellvertreter für den Fotografen oder von der Katze angeschleppte verwesende Eidechsen als Symbole der Vergänglichkeit.

Nobuyoshi Araki
Tokyo, 1995
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Tokyo, 1995
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Arakinema

Araki arbeitete ab den 1980er-Jahren an seinen experimentellen Arakinemas – Filmen, die auf live vorgeführten Diaprojektionen seiner Fotos basieren und für ihn eine mediale Erweiterung fotografischer Ausdrucksmöglichkeiten darstellen. , ein vieldeutiger Titel, der sich mit Himmel, Leere und Vergeblichkeit übersetzen lässt, zeigt eine genau durchdachte Abfolge von 160 Fotografien. Sie beginnt mit beiläufigen Stadtaufnahmen und Inszenierungen von nackten Frauen, die auf die Zensur von Aktfotos Bezug nehmen. In einer ironischen Geste zerkratzte oder übermalte Araki die Geschlechtsteile. Die zweite Hälfte des Films konzentriert sich hingegen auf Himmelsbilder. Dieses auch in anderen Werkgruppen wiederkehrende Motiv ist eine Reaktion auf Arakis Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit infolge des Todes seiner Frau Yōko.

Wehklagen

Seit dem Beginn seines Schaffens setzt sich Araki mit Blumen als Motiv auseinander. Er arrangiert sie zu Stillleben, verwendet Blumenfotografien als Ausgangsmaterial für Übermalungen oder bildet etwa den Trauerschmuck von Andachtsschreinen ab. In jedem dieser Kontexte ist Arakis Blumen eine verschlüsselte Bedeutung eigen: Sie bekommen eine erotische Konnotation hin zur Fetischisierung, indem Araki Blüten weiblichen Genitalien gleichsetzt. Parallel dazu benutzt er die ephemere Schönheit verwelkter Blumenarrangements als Metapher der Vergänglichkeit.

Nobuyoshi Araki
Laments, 1990-1996
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Laments, 1990-1996
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Sentimentale Reise

Sentimentale Reise aus dem Jahr 1971 gilt als eigentlicher Beginn von Arakis künstlerischem Schaffen und als sein einflussreichstes Hauptwerk. Die Serie, die zunächst als Buch erschien, zeigt Arakis fünftägige Hochzeitsreise, die ihn und seine Frau Yōko über Kyoto in den Süden Japans führte. Im einleitenden Manifest definierte Araki erstmals seine Ich-Fotografie. Abgeleitet vom japanischen Genre des im frühen 20. Jahrhundert entstandenen autobiografischen Romans, sieht er in der Wiedergabe seiner persönlichen Weltsicht eine Möglichkeit, sich von „verlogenen“ Formen der Fotografie, wie der Mode- und Werbefotografie, abzusetzen. Die in eine tagebuchartige Aufzeichnung eingebettete Kombination von dokumentarischen Alltagsimpressionen und höchst intimen Szenen, die Araki jedoch insofern fiktionalisiert, als er den tatsächlichen Ablauf der Reise in der Bildfolge des Buches neu inszeniert, erwies sich als wegweisend.

Nobuyoshi Araki
Sentimental Journey, 1971
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien - The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Sentimental Journey, 1971
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Araki setzte Sentimentale Reise mit mehreren Büchern fort. So unterschiedlich die Reiseorte in Sentimentale Reise: Okinawa (1971) oder Sentimentale Reise: Das 10. Jubiläum (1982) auch geschildert werden, kreisen die Bilder alle um Yōko, die als wichtigstes Modell, Mitarbeiterin und Autorin entscheidend auf die Gestaltung der Fotos und Bücher Einfluss nahm.

Sentimentale Reise: Winterreise

Im Jahr 1991 veröffentlichte Araki Sentimentale Reise: Winterreise. Nach einem kurzen Auszug der Hochzeitsreise des Paars als Prolog schildert Araki darin die Krankheit und den Tod seiner 42-jährigen Frau Yōko. Der Serie liegt einer klare Erzählstruktur und Chronologie zugrunde. Die Aufzeichnung beginnt an Yōkos letztem Geburtstag vor der Krebsdiagnose und verzeichnet mittels eingeblendeter Daten die knapp sechs Monate bis nach Yōkos Begräbnis. Araki kombinierte die Fotos mit lakonischen Notizen, die seine Erfahrungen und Gedanken schildern, aber auch Yōko eine Stimme geben. Im Verlauf der Serie verschwindet Yōko immer mehr aus den Bildern. Sich wiederholende Aufnahmen der Stadt oder der leeren Terrasse vermitteln Arakis Gefühl der Leere und Einsamkeit. Eine auf der Straße aufgestellte Figur eines Mädchens mit einer Katze im Arm oder Gegenstände aus Yōkos Besitz fungieren gleichsam als Platzhalter und Objekte der Erinnerung. Zunehmend übernimmt Chiro, die Katze des Paars, die Rolle eines Familienmitglieds und tritt in den Mittelpunkt der Erzählung. Die Geschichte endet mit einem Foto der in den Schnee springenden Katze als Sinnbild des Lebens.

Nobuyoshi Araki
Sentimental Journey : Winter Journey, 1990
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien - The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Sentimental Journey : Winter Journey, 1990
Silbergelatineabzug
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Sentimentale Reise: Frühlingsreise

20 Jahre nach der Winterreise verdichtet Araki im dritten Teil der Sentimentalen Reise: Frühlingsreise, ein weiteres Mal Trauer und Verlust. Drei Monate lang verfolgte er das Sterben seiner 22-jährigen Katze Chiro. Nimmt er den Abschluss der früheren Serie mit Chiro auf der Terrasse am Beginn der Frühlingsreise wieder auf, so endet diese Reise nach dem Tod der Katze auch an diesem Ort. Die Bezugnahme ist kennzeichnend für die vielfältigen Querverweise, durch die Araki die einzelnen Serien miteinander verwebt und neue Lektüremöglichkeiten eröffnet. Fotos der ersten Serie von 1971 wie die in einem Boot zusammengekauerte Yōko oder ein leeres Bett erscheinen im Kontext der beiden späteren Serien schon als Vorausblick auf Arakis Verluste.

Nobuyoshi Araki
Sentimental journey : Winter Journey, 1.2.1990
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki
Nobuyoshi Araki
Sentimental journey : Winter Journey, 1.2.1990
ALBERTINA, Wien – The JABLONKA Collection © Nobuyoshi Araki

Ausstellungsdaten

Ausstellungsdauer: 26. Mai – 29. August 2021
Ausstellungsort: ALBERTINA MODERN, Untergeschoß | Karlsplatz 5 | 1010 Wien
Kurator: Walter Moser
Co-Kuratorin: Astrid Mahler
Werke: 285 Fotografien, ein Film & mehrere Bücher

Öffnungszeiten Täglich 10 – 18 Uhr