ALBERTINA MODERN: Österreich – Deutschland Malerei von 1970 bis 2020 6.9. 2023 bis 21. 1. 2024

Wie im Fußball so in der Kunst? Nein. Gewiss nicht. Das Länderverhältnis Österreich – Deutschland stellt sich in der bildenden Kunst gänzlich anders da als im Sport: Es gibt keineharten Fronten, keinen Wettkampf, keine Gewinner und Verlierer, kein Jung und Alt.

Die große Herbstausstellung der ALBERTINA MODERN widmet sich hervorragenden Künstlerinnen und Künstlern aus beiden Ländern. Sie thematisiert jedoch nicht die lange Geschichte, die uns verbindet, sondern lässt in einer direkten Gegenüberstellung wichtige Sammlungspositionen der ALBERTINA in einen spannenden Dialog treten – so etwa Maria Lassnig mit Georg Baselitz, Arnulf Rainer mit Gerhard Richter, Franz West mit Sigmar Polke.


Der Österreicher Siegfried Anzinger und der Deutsche Daniel Richter, die beide der gleichen Generation angehören, zeigen den künstlerischen Aufbruch der 80er Jahre.

Gerhard Richter – Abstraktes Bild Nr. 611 1, 1986 – ALBERTINA, Wien – Sammlung Batliner © Gerhard Richter 2019

Generationenübergreifende Dialoge eröffnen neue Bezüge wie etwa jener zwischen Wolfgang Hollegha und Katharina Grosse. Auch Albert Oehlen, der international etablierte Künstler aus Deutschland ist zu nennen: Vor Jahren entdeckte er als Kurator einer Schau der Sammlung Essl die – viel zu spät anerkannte – Österreicherin Martha Jungwirth und widmete dieser experimentellen Aquarellistin damals einen ganzen Raum. Die ALBERTINA nimmt nun den transgenerationalen Dialog zwischen diesen beiden Künstlern erneut auf.

Albert Oehlen – Untitled, 2020 – ALBERTINA, Wien – Dauerleihgabe Privatsammlung Düsseldorf © Bildrecht, Wien 2023


Durch diese Dialoge möchte die Ausstellung Konzepte und Intentionen präsentieren, welche sich stilistisch, ästhetisch und thematisch überschneiden. Diese Entgegenstellungen eröffnen einen neuen Blick auf die Werke von – weithin und vielfach seit langem etablierten –Künstlerinnen und Künstlern aus Deutschland und Österreich. Altbekanntes wird durch diese Gegenüberstellungen – nicht nur visuell – zu einem ganz neuen Erlebnis.


Ben Willikens und Eduard Angeli teilen nicht nur die Generation und fundamentale Erfahrungen der sie prägenden 60er Jahre, sondern auch eine melancholische Weltsicht, die den Österreicher wie den Deutschen Orte der Einsamkeit und Verlassenheit entdecken lassen.


Xenia Hausner und Neo Rauch finden eine gemeinsame Basis in der Auseinandersetzung mit ihren Themen. In den hier ausgewählten Werken setzen sich beide mit dem Fremden und dem Ausgesetzt-Sein auseinander. So unterschiedlich die beiden koloristisch, maßstäblich und im Pathos der Figuren wirken mögen, basiert ihr räumliches Gestaltungsprinzip auf einer bühnenbildartigen Inszenierung. In ihren großformatigen Gemälden entfaltet sich die Intensität der Themen wie einst in der Historienmalerei mit dem genus grande, die beim
Publikum starke, pathetische Affekte hervorrufen wollte. Dabei schaffen es beide Maler, dem Pathos – hier schwere Körper, die träge bewegt werden, und Gesten, die größer gemacht werden als im realen Leben – die ursprüngliche Würde zurückzugeben. Weder bei Hausner noch bei Rauch wirkt das überzogen oder hohl.

Neo Rauch – Kommen wir zum Nächsten, 2005 – Öl auf Leinwand – ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection, 2005 – courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin / © Bildrecht, Wien 2023


Künstlerinnen, die erst in den letzten Jahren national und international breite Öffentlichkeit erfahren haben wie Isolde Maria Joham oder Liliane Tomasko, werden Seite an Seite mit den Bahnbrecherinnen der Kunstgeschichte Maria Lassnig und Brigitte Kowanz gezeigt.

Maria Lassnig – Krebsangst, 1979 – Öl auf Leinwand – ALBERTINA, Wien. Dauerleihgabe aus österreichischem Privatbesitz © Maria Lassnig Stiftung / Bildrecht, Wien 2023

Das Künstlerkollektiv Gelitin begegnet der Kunst der transsexuellen deutschen Künstlerin Verena Bretschneider.


Eine Ausstellung wie Österreich-Deutschland ruft geradezu danach, das Österreichische in der österreichischen Kunst und das Deutsche in der deutschen Kunst zu definieren. Tatsächlich zeigt jedoch dieses bilaterale Konzept, dass das Prinzip des Nationalstils abgedankt hat. Der Individualstil – gespeist aus globalen Quellen und einem jederzeit abrufbaren internationalen Informationsfundus – verdrängt das Prinzip der Schule einer nationalen Kunst.

AUSSTELLUNGSDETAILS


Dauer: 6. September – 21. Jänner 2024
Ausstellungsort: ALBERTINA MODERN
Kuratorin Klaus: Albrecht Schröder & Constanze Malissa
Werke: 85
Kontakt: Karlsplatz 5 | 1010 Wien, T +43 (0)1 534 83 0