Kraftvolle Mythen, weibliche Stimmen: Zentralasiatische Perspektiven in New York

Zwei Künstlerinnen – eine Vision
Vom 3. April bis 15. Mai 2025 zeigt die Galerie Sapar Contemporary in New York die Ausstellung „Beneath the Earth and Above the Clouds“, in der Altynai Osmo aus Kirgisistan und Aya Shalkar aus Kasachstan weibliche Identität, Spiritualität und kulturelle Verwurzelung in ihrer Heimatregion künstlerisch verhandeln.


Mythen, Masken und Matriarchinnen: Altynai Osmo

Altynai Osmo bringt in ihren Werken zentrale Figuren kirgisischer Mythologie ins zeitgenössische Licht. Besonders eindrucksvoll ist ihre Serie Kyrk Kyz, die sich den sagenumwobenen „Vierzig Mädchen“ widmet – kriegerischen Heldinnen, die einst ihr Land verteidigten. Diese Frauen werden in aufwendig gearbeiteten Filzmasken mit Metallakzenten und traditioneller Stickkunst gefeiert – ein starkes visuelles Symbol weiblicher Stärke und kultureller Identität.

In ihrem zweiteiligen Werk Umai Ene richtet Osmo den Blick ins Spirituelle: Die Göttin Umai, Symbol für Fruchtbarkeit und Fürsorge, wird hier als kosmische Kraft dargestellt. Mit Lapislazuli, Filz und verzierten Münzen betont Osmo Umais zentrale Rolle in der Weltordnung und unterstreicht zugleich die schöpferische Macht der Frau.


Ein feministisches Paralleluniversum: Aya Shalkar

Aya Shalkar erschafft mit The World of Peri eine alternative Geschichte: eine Welt, in der Frauen an der Spitze nomadischer Zivilisationen stehen. Das Herzstück bildet Mergen, ein archäologisch inszeniertes Grab einer Zentaurenkriegerin. Silberne Wirbelkörper, ein Jagdmesser, ein mit traditionellen Runen verzierter Ring – jedes Objekt spricht vom Mut, der Verletzlichkeit und der spirituellen Tiefe weiblicher Existenz.

Besonders bemerkenswert: Der Kupferwirbel L1 verweist nicht nur auf den Tod der Heldin, sondern auch auf eine reale Verletzung der Künstlerin – ein symbolisches Verschmelzen von Mythos und persönlicher Geschichte.


Kulturelles Erbe als Widerstand

Osmo und Shalkar nutzen traditionelle Materialien, historische Symbole und alte Erzählungen, um moderne Fragen nach Identität, Geschlecht und Macht zu stellen. In einer Region, in der patriarchale Strukturen tief verankert sind, wirken ihre Werke wie visuelle Manifeste weiblicher Selbstermächtigung.


Fazit: Ein weibliches Echo aus Zentralasien

Beneath the Earth and Above the Clouds ist mehr als eine Ausstellung – sie ist ein kulturelles Echo, das lange übersehenen Stimmen Raum gibt. Wer sich für feministische Kunst, kulturelle Identität und zeitgenössische Narrative interessiert, sollte sich diese eindrucksvolle Schau in New York nicht entgehen lassen.