Die Expo 2025 in Osaka empfängt ihre Besucher:innen mit einem architektonischen Meisterwerk der besonderen Art. Entworfen vom renommierten Architekten Sou Fujimoto, ist der Grand Ring das Herzstück der Weltausstellung – und zugleich die größte Holzkonstruktion der Welt, gebaut aus Brettschichtholz (Glulam).
Inspiriert von der Tradition: Eine Hommage an den Kiyomizu-dera
Eines der berühmtesten Wahrzeichen Kyotos ist der Kiyomizu-dera, ein fast 400 Jahre alter hölzerner Tempel, der 13 Meter über dem Boden aufragt und einen spektakulären Blick über die alte Kaiserstadt und Japans Hauptinsel Honshū bietet. Er wurde nach der traditionellen Kakezukuri-Baumethode errichtet – ohne Nägel, allein durch das Zusammenspiel von Pfosten und Querträgern.
Dieses Prinzip findet sich auch im Grand Ring wieder: Die Konstruktion nutzt das klassische japanische Nuki-Verbindungssystem, bei dem horizontale Balken vertikale Stützen fixieren. So entstehen gewaltige, dreidimensionale Strukturen – ganz ohne Metallverbindungen.

Ein Weltrekord aus Holz
Am 13. April 2025 wurde der Grand Ring auf der künstlichen Insel Yumeshima in der Bucht von Osaka eröffnet. Teilweise an Land, teilweise auf dem Wasser errichtet, verbindet er japanische Holzbaukunst mit modernster Holzbautechnologie.
Mit einem Durchmesser von über 600 Metern und einem Umfang von zwei Kilometern wurde der Ring offiziell als größte Brettschichtholz-Konstruktion der Welt anerkannt. Die verwendeten Holzelemente bestehen aus industriell gefertigtem, mehrschichtig verleimtem Holz.

Primitive Future: Die Philosophie hinter dem Design
Der Grand Ring ist nicht nur eine monumentale Konstruktion – er ist auch ein Konzept. In seinem theoretischen Werk Primitive Future (2008) beschreibt Fujimoto Architektur als offenen, intuitiven Raum – wie eine Höhle oder ein Wald, dessen Nutzung allein vom Verhalten der Menschen geprägt wird.
„Wenn Architektur wie ein Wald geschaffen wird, entsteht ein Ort voller Komplexität und Vielfalt – weit mehr als in heutigen Städten.“
Sou Fujimoto, architect
Diese Vision wird im Grand Ring spürbar: Mit einer Höhe von 12 bis 22 Metern umschließt er eine Fläche von 60.000 Quadratmetern – ein Raum, der weder ganz innen noch außen ist. Auf Bodenniveau lädt ein geschützter, halboffener Durchgang zum Flanieren ein. Sonnenstrahlen, die durch die Holzgitterstruktur dringen, erinnern an das Lichtspiel in einem Walddach.


Den Ring erleben: Architektur zum Durchwandern
Das Dach des Grand Ring ist begehbar – ein Skywalk durch grüne Vegetation mit Ausblicken auf Osaka, Kobe und das Seto-Binnenmeer. Die tragenden Elemente bestehen aus Brettschichtholz-Balken mit den Maßen 420 × 420 mm und 210 × 420 mm.

„Diese Holzkonstruktion ist Teil der Hauptwegeführung der Expo und bietet spektakuläre Erlebnisse bei gleichzeitigem Schutz vor Regen und Sonne.“
Sou Fujimoto, architect
Der Grand Ring ist mehr als ein Gebäude – er ist ein Symbol für Verbindung, Nachhaltigkeit und gemeinsames Menschsein.

Text: Gertraud Gerst
Translation: Rosemary Bridger-Lippe
Photos: Expo Osaka 2025, Sou Fujimoto Architects

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