Die südschwedische Stadt Malmö ist Heimat des höchsten Bürogebäudes des Landes, das vollständig aus Holz errichtet wurde. Das Projekt trägt den Namen Fyrtornet und wurde von schwedischen Architekten entworfen – mit Materialien und Know-how aus Tirol, Österreich.
Es ist das erste Gebäude, das Besucher:innen in Schweden erblicken, wenn sie den Öresund vom europäischen Festland aus überqueren. Mit seinen elf Stockwerken und der markanten Silhouette ist es ein neues Wahrzeichen für Malmö. Der Name „Fyrtornet“ – zu Deutsch „Leuchtturm“ – ist dabei Programm und Ausdruck von Stolz. Schweden hat sich im Holzbau längst einen Namen gemacht, und Fyrtornet folgt dieser Tradition. Zwar ist es niedriger als das 18-stöckige Kulturzentrum Sara Kulturhus im Norden des Landes, doch die Architekten von Wingårdhs betonen einen anderen Rekord: „Fyrtornet ist Skandinaviens höchstes Bürogebäude, das vollständig aus Holz gebaut wurde.“
Wie so oft in Schweden ist die Holzfassade in Falunrot gestrichen. Zwei Seiten des Turms sind mit Zedernschindeln verkleidet, die ebenfalls in diesem traditionellen Rot erstrahlen. Die Farbwahl verweist auf eine alte Baupraxis: Holz wurde rot gestrichen, um teure Backsteinbauten zu imitieren, die früher nur den Reichen vorbehalten waren.
Leuchtend rot im grünen Energienetz
Mit seinem kräftigen Rot knüpft Fyrtornet an die schwedische Baukultur an – und zeigt, dass moderner Holzbau auch starke Farbakzente verträgt. Wie ein Leuchtfeuer zieht das Gebäude Aufmerksamkeit auf das neu entstehende Stadtviertel Hyllie, das vom Projektentwickler Granitor als Embassy of Sharing konzipiert wird..
Der Name verweist auf ein gemeinschaftliches Energiekonzept: Hier entsteht Schwedens größtes geothermisches Sharing-Netzwerk, das Restenergie nutzt und Heiz- und Kühlressourcen teilt.
Bereits 2018 hatte die EU in der Renewable Energy Directive die Grundlagen für solche Energiegemeinschaften geschaffen. Ziel war es, Bürger:innen in die Energiewirtschaft einzubeziehen, um Akzeptanz zu steigern und den Ausbau erneuerbarer Energiequellen zu beschleunigen.
Großes Projekt mit kleinem Fußabdruck
Fyrtornet war das erste fertiggestellte Gebäude im Viertel Embassy of Sharing – und wurde bewusst in Holz errichtet. „Nachhaltigkeit prägt jede Facette von Fyrtornet. Vom Holzkern bis zur Schindelfassade trägt die Bauweise entscheidend zur Reduktion des CO₂-Fußabdrucks bei“, erklären die Architekten von Wingårdhs.
Die architektonische Form ist ebenso prägnant: Die unteren Geschosse ragen über das Erdgeschoss hinaus, während sich die oberen Stockwerke stufenweise zurückziehen. Diese unkonventionelle Form stellte eine besondere Herausforderung für die Statik dar.
Holzbaukompetenz aus Tirol
Ursprüngliche Berechnungen zeigten Probleme mit der Tragfähigkeit. Als Alternative schlugen die Ingenieure Stahlpendel oder Betonelemente vor – doch das hätte dem Holzbaukonzept widersprochen. Die Lösung kam aus Tirol: Das Unternehmen Binderholz entwickelte ein System aus Brettschichtholz-Diagonalen, die über bis zu drei Stockwerke spannen, sowie einen verstärkenden CLT-Kern mit Aufzügen und Treppenhaus.
Auch beim Transport wurde auf Nachhaltigkeit geachtet: Sämtliche vorgefertigten Holzelemente wurden mit der Bahn von Österreich nach Schweden geliefert. Dadurch konnten rund 100 Tonnen CO₂-Emissionen im Vergleich zum LKW-Transport eingespart werden.
Licht, Schatten und Gärten im Inneren
Hinter der gläsernen Fassade öffnen sich dreigeschossige Wintergärten mit mediterranem Klima. Sie bieten Erholungsräume für die Nutzer:innen, zugleich gedeihen hier Pflanzen, die das Gebäude zu einem lebendigen Ort machen.
Photovoltaikmodule in der Fassade erzeugen Strom und werfen ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten in die Innenräume. Zusammen mit dem lokalen Sharing-Netzwerk für Heizen und Kühlen wird Fyrtornet so zu einem Symbol für nachhaltige Stadtentwicklung – ein roter Leuchtturm im grünen Energienetz.
Text: Gertraud Gerst
Translation: Rosemary Bridger-Lippe
Photos: Wingårdhs, Granitor