Felix Muhrhofer: Stein des Anstoßes // DESIGN

Felix Muhrhofer elix Muhrhofer selecting samples, Photo: Elisa Seydel

Felix Muhrhofer, Interview: Nina Prehofer

Für den international tätigen Interior Designer und Künstler Felix Muhrhofer ist der Terrazzo mehr als einfach nur ein Werkstoff. Die verwendeten Steine prägen seine Arbeit und machen sie zu Unikaten. Und sie hinterlassen Erinnerungsspuren in den fertigen Stücken, die beim bloßen Anblick erfahrbar werden.

Wie ist der Terrazzo in Ihr Leben getreten?

Felix Muhrhofer: Das war zu meiner Studienzeit, als ich in einer WG gewohnt habe. Wir mussten dort dringend den Boden austauschen und haben beschlossen, mithilfe eines Buches selbst Terrazzo zu machen. Geschichtlich gesehen ist Terrazzo die Verwertung eines Abfallproduktes – bereits die Römer und Etrusker haben damit gearbeitet.

Das Material ist nicht teuer, aber es braucht viel Zeit und Mühe. Das war für uns als Studenten perfekt. Nach dem Boden folgte bereits sehr professionell eine Küche, die ich gegossen habe. So habe ich das Material mit seinen Tücken kennengelernt und über die Jahre eine wundervolle Beziehung aufgebaut.

Und ich habe immer noch das Gefühl, nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben.

Ich verstehe Alberto Giacometti, der sich sein Leben lang an Ton abgearbeitet hat. Für mich hört die Faszination für den Terrazzo nicht auf. Dennoch arbeite ich als Gestalter natürlich auch mit anderen Materialien.

Die wichtigste Zutat für den Terrazzo sind die Steine, die Sie selbst sammeln. An welchen Orten sammeln Sie?

Felix Muhrhofer: Ich sammle auf der ganzen Welt. Selbst wenn es manchmal nur eine Handvoll ist, die ich mit nach Hause nehmen kann. Zum Beispiel vom Kap der guten Hoffnung, der Berliner Mauer oder dem Central Park in New York.

Es geht um die Bedeutung des Ortes und dass ich, oft gemeinsam mit meiner Familie, da gewesen bin.

Ansonsten nehme ich so viel, wie in mein Auto hineinpasst. Aus den Steinen baue ich mir eine Steinbibliothek auf. Ich habe in meiner Werkstatt in Nußdorf in großen Schütten an die 100 verschiedene Sorten von unterschiedlichen Orten. Das Wichtigste ist, dass man die Steine hat, die man will, denn als Handelsware ist ca. nur ein Prozent erhältlich.

Was muss ein Stein haben, damit er Sie interessiert?

Felix Muhrhofer: Mich interessiert eigentlich nur die Schönheit. Manchmal suche ich nach besonders runden und flachen Steinen, weil es schon ein paar technische Voraussetzungen gibt, die ich gut finde.

Der Stein ist ein Erinnerungsträger, den ich verwerte und ihm eine zusätzliche Funktion gebe.

Wild Ramona Top View, Photo: Felix Muhrhofer
Wild Ramona Top View, Foto: Felix Muhrhofer

Es ist eine Verschmelzung von etwas Emotionalem und Funktionalem. Unser Familienesstisch besteht aus Steinen, die wir bei unseren gemeinsamen Reisen gesammelt haben, er hat viel Geschichte und weckt Erinnerungen. Ich beschäftige mich als Laie auch mit der Geologie, denn ich finde es schön, ein Thema von möglichst vielen Seiten zu betrachten.

Ihre Arbeiten sind aber nicht nur aufgrund der Steine Unikate.

Felix Muhrhofer: Nein, denn ich stelle mich mit dem Eisen an die Biegemaschine und biege, so lange ich Lust habe. Der Entstehungsprozess eines Stücks hat unterschiedliche Phasen. Eine sehr überlegte lange Phase von Design und Konzept. Danach mache ich ein Modell und einen Prototyp.

Felix Muhrhofer
Felix Muhrhofer in the studio, Photo: Elisa Seydel

Wenn ich dann das Objekt mache, gibt es den Prozess des Einbringens des Terrazzo, und der ist sehr spontan und intuitiv, denn man hat nur ein bestimmtes Zeitfenster, in dem man die Steine in die feuchte Farbe einbringen kann.

Das liebe ich daran, auch wenn was schiefgeht.

Danach ist mal Ruhe und dann beginnt das Schleifen. Es ist ein bisschen wie beim Entwickeln von Fotos. Beim Schleifen kommt langsam alles zum Vorschein und du siehst, ob deine Idee beim Einbringen der Steine funktioniert hat.

Das ist wunderschön.

Sie haben das Interior Design der beliebten „R&Bar“ in Wien gemacht, kürzlich eine Hotelbar/Restaurant auf Bali entworfen, gestalten außergewöhnlich schöne Küchen für Privathäuser und haben die „Magic Wall“ erfunden. Wie wichtig sind Ihnen die Küche und das Essen?

Felix Muhrhofer: Sehr! Schließlich habe ich den ersten Wiener Kochclub gegründet! Der existiert immer noch. Die Küche, das Feuer, das Zusammenkommen an einem Ort, das Zentrum des Zusammenlebens – das lässt mich nicht los. Eine gemeinsame Mahlzeit ist für mich ein kleiner Hafen der analogen Kommunikation. Ich stehe bei einer Party gerne hinter der Bar und mache die Drinks. Bei einer Fete braucht man eine Theke.

Was macht die perfekte Bar aus?

Man muss das Gefühl für Raum und Zeit verlieren.

Felix Muhrhofer

Die Gegenwart wird gestretcht und man ist nur im Jetzt. Bis man hinausstolpert und feststellt, dass die Sonne schon aufgeht.

Woran arbeiten Sie gerade?

Felix Muhrhofer: Abgesehen davon, dass ich ständig neue Modelle entwickle, arbeite ich konzeptionell gerade an einer Ausstellung im Herbst in Los Angeles. Interior Designerin Kelly Wearstler hat mich eingeladen, in ihrer Galerie auszustellen, weil sie meine Sachen so mag. Sie hat bereits für sich ein Stück gekauft!

Es wird ein Querschnitt meiner Arbeit und wahrscheinlich entwickeln wir gemeinsam etwas Neues. Ich werde auf jeden Fall eine Bar mitbringen, denn die war bereits bei meiner Ausstellung in New York der Renner und sofort verkauft.

Man spürt sehr stark Ihre Leidenschaft, wenn man mit Ihnen spricht und natürlich, wenn man eines Ihrer Objekte betrachtet. Woran liegt das?

Felix Muhrhofer: Ich frage mich schon, warum ich das so gerne mache. Ich habe überhaupt keine Motivationsprobleme, in die Werkstatt zu gehen. Ich glaube, ich habe eine besondere Gehirnregion entdeckt, die meine Arbeit anspricht.

Ich erfreue mich an der Form, der Farbe und der Oberfläche von den Dingen.

Es ist Schönheit, ein absolut persönliches Empfinden. Umso mehr freue ich mich, wenn Menschen sich bei mir melden, die ein Objekt von mir zu Hause haben und sagen, wie sehr sie meine Arbeit lieben.

Die Menschen spüren, was ich fühle, wenn ich die Stücke mache. Das ist wunderschön.


Felix Muhrhofer

Über den Designer

Felix Muhrhofer, geboren 1975 in Wien, studierte in seiner Heimatstadt Industrie-/Innenarchitektur an der Universität für angewandte Kunst sowie an der ELISAVA in Barcelona. Nach Abschluss seines Studiums installierte er seine erste Werkstatt in der Garage des Sommerhauses eines sehr guten Freundes. Dieser Raum gab ihm von Anfang an die Möglichkeit, seine Entwürfe direkt unter den Aspekten Haptik, Ästhetik und Herstellbarkeit zu beweisen. Schritt für Schritt perfektionierte er diese analoge und komplexe Arbeitsweise, indem er verschiedene Handwerkstechniken studierte und entwickelte. Das Ergebnis sind Entwürfe, die ein starkes formales Gefühl und die Wirtschaftlichkeit eines handwerklichen Produktionsprozesses in Einklang bringen. Seine Leidenschaft für Design ermöglicht es ihm, sich auf verschiedene Projekte, wie die Entwicklung des Bühnenbildes für die Eröffnungsfeier des Konzertsaals der berühmten Wiener Sängerknaben, die Architektur der international bekannten R&BAR in Wien und viele andere zu konzentrieren.

Felix Muhrhofer in the studio, Foto: Elisa Seydel

felixmuhrhofer.com