Simon Quendler verschiebt die Grenzen der Malerei – seine „reaktiven Bilder“ machen Stoffe und Prozesse zu Hauptakteuren.
Der österreichische Künstler Simon Quendler (geb. 1983 in Wernberg bei Villach) erweitert den Begriff der Malerei radikal. Seine Werke sind keine abgeschlossenen Bilder, sondern lebendige Prozesse, die das Eigenleben von Materialien sichtbar machen – und damit eine stille, poetische Revolte gegen das Erwartbare.

„Malerei ist kein abgeschlossenes Bild, sondern ein lebendiges Ereignis.“
Seit über zwei Jahrzehnten arbeitet Simon Quendler in Wien. Sein Atelier gleicht weniger einem klassischen Arbeitsplatz als vielmehr einem Labor. Dort bringt er Farben, Chemikalien und organische Substanzen in Kontakt – nicht als Werkzeuge, sondern als eigenständige Akteure. Stoffe wie Kaliumsorbat, Cadmiumsulfid oder Vulkanasche treten in Reaktionen, bilden Kristalle, Risse, Schichtungen.

Nicht der Künstler selbst ist der alleinige Schöpfer, sondern ein Impulsgeber, der Prozesse anstößt, deren Ausgang offenbleibt.
„Quendler insistiert auf der Unvorhersehbarkeit. Seine Bilder tragen das Risiko in sich, nicht zu gehorchen.“
Seine Ausstellungen, etwa „Reaktionen“ im Bank Austria Kunstforum Wien (2017), machten genau diese Dynamik sichtbar: Werke, die sich während der Dauer der Schau weiterentwickelten.
Gerade in einer Zeit, in der Kunstmärkte Perfektion verlangen, widersetzt sich Quendler mit fragilen, widerständigen, poetischen Bildern. Sie thematisieren Vergänglichkeit, Kontrolle, Autonomie und öffnen Fragen, die weit über die Malerei hinausgehen: Wie gehen wir mit Ressourcen um? Was geschieht, wenn wir Dingen Zeit geben, ihre eigenen Prozesse zu entfalten?

Aus der Nähe betrachtet erinnern seine Oberflächen an mikroskopische Partikelwelten, geologische Formationen oder biologische Wachstumsprozesse. Aus der Distanz wirken sie wie atmosphärische Felder mit metaphysischer Strahlkraft.
Kuratorisch betrachtet aktualisiert Quendler historische Diskurse um das Informel und die Materialästhetik der Nachkriegszeit, verankert sie jedoch im Heute – mit ökologischen und gesellschaftlichen Fragestellungen.
So entstehen Arbeiten, die weder nur Objekt noch nur Prozess sind. Sie sind Manifestationen einer Haltung: Kunst als Transformation.

Simon Quendler’s stille Revolte besteht darin, dem Erwartbaren zu widerstehen und das Eigenleben der Materie in den Mittelpunkt zu stellen. Seine Malerei ist ein offenes System, das uns auffordert: hinzusehen, zu verweilen und das Werden selbst als ästhetischen Wert zu begreifen.








